Bei der Frage nach der Bildbearbeitung spalten sich die Geister. Nicht nur ihre Notwendigkeit wird oft heiß diskutiert, sondern auch wie weit sie gehen darf, welche Anpassungen wirklich nötig sind und wann sie ungesunde Grenzen überschreitet. Über Letzteres wird aktiv in der Werbe- und Modeszene gestritten, darum soll es aber heute nicht gehen. Heute möchte ich ganz nüchtern erklären, warum ich meine Bilder nicht mehr und nicht weniger, sondern genau so bearbeite, wie ich es tue.
Oft, besonders auf Social Media, begegnen Fotografen Kommentaren wie „Die Bilder sind doch jetzt schon schön“ oder „Die brauchst du nicht zu bearbeiten“ mit einem Fotovergleich wie diesem:
Was genau aber dahintersteckt und was uns ein Vorher-Nachher-Vergleich sagen soll, das wird selten thematisiert. Schade, denn außer dem offensichtlichen Punkt, dass das Bild (hoffentlich) besser, schärfer und ansprechender aussieht, lässt sich noch so viel mehr dazu sagen.
Beginnend bei der Frage, warum ich ein Bild überhaupt bearbeite, möchte ich meine Sichtweise erklären.
Meine Bilder bearbeite ich selbstverständlich auch aus dem offensichtlichen Punkt, dass sie danach besser aussehen. Dahinter steckt aber auch das wie. In meiner Bearbeitung bemühe ich mich, durch die Kombination von Bildelementen, Farben und Zuschnitt, dem Bild eine Ausstrahlung zu verleihen, die den Gefühlen und Charakteren, die ich fotografieren darf, gerecht wird. Das bedeutet auch, dass das Bild nachher beim Betrachter die Gefühle übermitteln soll, die die Person auf dem Bild für ihr Tier hat, bzw. die die beiden füreinander haben. Genauso ist es bei Portraits, egal ob Mensch oder Tier: Ich möchte, dass der Charakter den Betrachter anspringt und das Bild eine Geschichte erzählt.
Aus diesem Grund lerne ich meine Kunden gern vorher gut kennen, möchte ihre Geschichte, ihre Verbindung und ihren Charakter verstehen, damit ich ihnen Bilder liefern kann, auf denen sie sich nicht nur sehen, sondern sich oder ihr Tier mit dem Herzen wiedererkennen.
Und all das ist definitiv zum Großteil auch im rohen Bild zu schaffen. Wer den Grundstein nicht richtig legt, den wird die Bildbearbeitung auch nicht retten. Wer aber das Bild bereits so optimal wie möglich nach der Beziehung und den Charakteren gestaltet, weiß was er will und die Fotos mit einem Hintergedanken macht, für den ist die Bildbearbeitung der letzte Schliff.
Genau das ist die Bildbearbeitung für mich: der letzte Schliff, das i-Tüpfelchen, die Himbeere auf der Torte (bitte entschuldigt, ich mag keine Kirschen).
Bildbearbeitung sollte niemals das Allheilmittel sein und sie rettet auch kein Bild, das schlecht geschossen wurde. Aber sie kann dazu dienen, die Bildaussage hervorzuheben und zu unterstreichen. Das finde ich viel wichtiger, als die Tatsache, dass die Bilder dann besser aussehen.
Dann kommt es auch nicht mehr darauf an, wie viel in der Bildbearbeitung passiert. Auch bei mir ist das oft grundverschieden: Manche Bilder starre ich nach einer halben Stunde an und beschließe, dass ich zufrieden bin. Andere Bilder wiederum erfordern mitunter 2 Stunden, in denen ich immer wieder an Zuschnitt und Farben feile, weil ich den Funken noch nicht überspringen sehe. Und beides ist vollkommen in Ordnung. Dabei frage ich mich aber nicht, welche Anpassungen wirklich nötig sind, sondern ich arbeite vollkommen intuitiv.
Damit gelangen wir zum letzten Punkt dieser Thematik: Meinem Stil.
Bildbearbeitung ist immer die persönliche Note des Fotografen, die das Bild vollendet. Das passiert einfach so, ohne dass ich groß darüber nachdenke. Ich bearbeite meine Bilder nach meinem subjektiven Empfinden, weshalb sie alle meinem Stil in sich tragen. Auch das ist etwas, wozu Bildbearbeitung dem Fotografen die Chance bietet. Ich mache dadurch ein Foto zu einem Bild von Lina Rubenstein.
Und eben weil all diese Philosophie hinter meiner Arbeit steckt, ist mein Leitspruch nicht ohne Grund der Folgende:
Fotografie heißt, mehr zu zeigen, als man sieht.